12 Mai 2020 von LBG

„Reden Sie mit“ – neue Initiative der Ludwig Boltzmann Gesellschaft identifiziert Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die psychische Gesundheit der Bevölkerung

Personen ab 18 Jahren können bei „Reden Sie mit! Was macht Corona mit unserer psychischen Gesundheit?“ ihren Beitrag auf der Online-Plattform corona.lbg.ac.at einreichen. Aus den Ergebnissen erarbeitet die Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) gemeinsam mit ExpertInnen Handlungsempfehlungen für die Politik und leitet neue Fragestellungen für die Forschung ab.

„Einschränkungen der persönlichen Freiheit sind gerade für die Psyche besonders belastend. Damit verbundene Ängste können zum Ausbruch, vor allem angstbetonter, psychischer Erkrankungen führen. Es ist wichtig diesem Aspekt der Corona-Maßnahmen und den damit verbundenen Auswirkungen besonderes Augenmerk zuzuwenden. Denn es gibt keine Gesundheit ohne seelische Gesundheit!“, so Prof. Werner Schöny, Ehrenpräsident von pro mente Austria und Unterstützer der heute gestarteten Initiative der Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) zu psychischer Gesundheit unter COVID-19. Wie sich die Corona-Maßnahmen auswirken und welche Bevölkerungsgruppen besonders betroffen sind, ist aktuell nicht abschätzbar. Daher startet die LBG die Initiative “Reden Sie mit! Was macht Corona mit unserer psychischen Gesundheit?”, um einen breiten Dialog, Aufmerksamkeit für das Thema und neues, evidenzbasiertes Wissen zu schaffen.

“Wir gehen davon aus, dass die Corona-Krise einen ungeahnten Einfluss auf die Psyche der Menschen hat, vor allem auch bei Personengruppen, die bis dato nicht gefährdet waren, psychisch zu erkranken“, so Claudia Lingner, Initiatorin der Initiative und Geschäftsführerin der Ludwig Boltzmann Gesellschaft. „Unser Ziel ist es, rasch mit geeigneten Handlungsempfehlungen für die Politik darauf zu reagieren und gleichzeitig neue Forschungsfragen in die Wissenschaft einzubringen.“

Crowdsourcing zur psychischen Gesundheit unter COVID-19

Die „Reden Sie mit!-“Initiative startet mit dem Crowdsourcing am 5. Mai. Jede und jeder kann auf der Online-Plattform corona.lbg.ac.at Beobachtungen über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die psychische Gesundheit bei sich selbst und bei anderen einbringen. Beiträge sind bis 28. Juni in den breit gefassten thematischen Schwerpunkten „Bildung und Lernen“, „Arbeit und Beruf“ sowie „Soziale Isolation und Vereinsamung“ möglich.

Was die Schließung von Kindergärten, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen für das psychische Wohlbefinden von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, aber auch betreuenden Personen wie Eltern oder PädagogInnen letztlich bedeutet, ist Schwerpunktthema der ersten Phase des Crowdsourcings von 5. – 22. Mai. „Wir wissen, dass Kinder und Jugendliche unter der Corona-bedingten Schließung von Bildungseinrichtungen in vielfacher Weise leiden“, so Katja Schweitzer, Koordinatorin der kids.line, dem Salzburger Krisentelefon für junge Menschen. „Wir sehen das auch in den Zahlen der Beratungen im Chat und am Telefon. Es sind aktuell doppelt so viele Kontakte wie im Vergleichsmonat des Vorjahrs zu verzeichnen.“ Schweitzer ist Mitglied des interdisziplinären ExpertInnen-Teams, welches die Initiative fachlich begleitet und maßgeblich an der Entwicklung von Handlungsempfehlungen für die Politik sowie neuen Forschungsfragen beteiligt sein wird.

Wissen aus der Bevölkerung fließt in ExpertInnen-Workshops ein

Die Beiträge aus dem Crowdsourcing fließen direkt in eine Reihe von Co-Creation-Workshops ein und dienen einem interdisziplinären Team an ExpertInnen sowie PraktikerInnen als Basis, um konkrete Handlungsempfehlungen für die Politik sowie neue Forschungsfragen zu erarbeiten. Wie beim Crowdsourcing werden auch die Workshops unter den drei Themenschwerpunkten abgehalten.

Viel Erfahrung mit Open Innovation in Science

Bereits zum dritten Mal bindet die Ludwig Boltzmann Gesellschaft unter dem Motto “Reden Sie mit!“ aktiv die breite Bevölkerung mit ein. Lingner sieht es als wichtige Aufgabe, die Wissenschaft für unübliche WissensgeberInnen zu öffnen. “Als Forschungseinrichtung müssen wir aktiv werden und gemeinsam mit Betroffenen Maßnahmen entwickeln. Durch den offenen Dialog mit der Bevölkerung werden neue Gefährdungslagen sichtbar, die wir dann auch konkret thematisieren können”, so die LBG-Geschäftsführerin. “Als agile Forschungseinrichtung mit Expertise in Medizin aber auch Geistes- und Sozialwissenschaft ist es uns aber überhaupt erst möglich, zügig disziplinübergreifende Initiativen und neue Institute, die der Gesellschaft zugutekommen, zu starten.”

Aus den ersten beiden Crowdsourcing-Projekten, die ebenfalls unter dem Titel “Reden Sie mit!” liefen, hat die LBG in den Jahren 2015 und 2018 gezielt neue Forschungsfragen identifiziert und Maßnahmen abgeleitet. Aus den Ergebnissen entstanden zwei neue LBG-Forschungsgruppen, eine weitere Forschungsgruppe wird 2020 starten.