10 Okt 2016 von LBG

LBI Krebsforschung: Stresshormone beschleunigen Übergewicht und Diabetes mit dem Alter

In Österreich leiden über 600.000 Menschen an Diabetes und noch mehr sind stark übergewichtig, was viele Krankheiten auslösen oder beschleunigen kann. Vorbeugende Medikamente um typische Erkrankungen zu verhindern sind daher ein wichtiges Gesundheitsthema. Das Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung, die Veterinärmedizinische und die Medizinischen Universität Wien haben zusammen mit internationalen Partnern untersucht, wie sich ein reduziertes Signal von Stresshormonen auf Fettzellen auswirkt. Die Ergebnisse der Studie wurden jetzt im Journal Diabetes veröffentlicht.

Presseinformation

Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung

Wien, 3. Oktober 2016. Glukokortikoide sind Hormone, die auf jede Zelle im Körper wirken. Der bekannteste Vertreter ist Kortison, das seit vielen Jahren ein erfolgreiches Medikament in der Unterdrückung von Entzündungen, Autoimmunerkrankungen oder chronischen Allergien ist. Glukokortikoide haben auch eine wichtige Rolle im Stoffwechsel und man bezeichnet sie auch als Stresshormone. Sie sind für die Mobilisierung von Energie wichtig, was bei Gefahrensituationen wie bei Infektionen oder bei langen Perioden von Nahrungsmangel entscheidend ist. Die Hormone koordinieren die komplexe Interaktion zwischen dem Gehirn, Drüsen, Fettdepots, der Leber oder auch dem Muskelgewebe. Hormone können große Veränderungen im Stoffwechsel verursachen, beispielsweise kann die typische Gewichtszunahme im Alter mit einhergehender Leberverfettung oder Zuckerkrankheit unter anderem eine Folge veränderter Hormonspiegel sein. Diese Gesundheitsprobleme werden durch komplexe Interaktionen zwischen verschiedenen Organen und Hormonen gefördert und diese besser zu verstehen war das wesentliche Ziel der Studie. So könnte man mit Medikamenten Stresshormone beeinflussen, um Übergewicht oder die Zuckerkrankheit zu behandeln.

Jetzt hat ein Forscherteam um Richard Moriggl vom Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung (LBI-CR), der Veterinärmedizinischen und der Medizinischen Universität Wien gemeinsam mit internationaler Beteiligung der Universitäten in Ulm und München untersucht, wie sich ein reduziertes Signal von Stresshormonen auf Fettzellen auswirkt. Die zentrale Beobachtung war, dass ein reduziertes Stresssignal in den Fettzellen zu schlankeren alten Mäusen führt und Altersdiabetes vorbeugt. Die Hormonwirkung wird über Rezeptoren vermittelt, die nahe der Zelloberfläche sitzen und im Zellinneren Signale auslösen, wenn Stresshormon ausgeschüttet wird. Um die Signalübertragung zu stören haben die Forscher Mäuse studiert, deren Fettzellen keine Stresshormonantwort ausüben konnten. Ihre Ergebnisse hat die Forschungsgruppe jetzt im renommierten Journal Diabetes veröffentlicht.

Das fehlen einer Stesshormonantwort führt zum Verlust von Energiereserven aus Fettzellen und diese Fettzellen waren nach einer Hungerperiode riesig, da das Fett nicht mobilisiert werden konnte. Zum Ausgleich wurde auf andere Energiequellen im Körper zugegriffen und so führt der Verlust des Rezeptors in den Fettzellen zu einer fundamentalen Störung des gesamten Stoffwechsels. Eine überraschende Folge war, dass die Mäuse nach einer besonders fettreichen Ernährung weniger übergewichtig waren als Vergleichstiere. Auch im Alter zeigten die Mäuse ohne Stesshormonantwort ein deutlich reduziertes Körpergewicht. „Dass ein verringerter Fettabbau langfristig zu weniger Fettgewebe im Körper führt hat uns überrascht“, sagt Moriggl. „Es ist also nicht der fehlende Stress, sondern zu viel Stress, der zumindest alte oder ungesund ernährte Mäuse übergewichtig macht. Wir glauben, dass der Stresshormonhaushalt im späteren Leben anfälliger ist um typische Alterserscheinungen wie Übergewicht oder Diabetes bei Menschen zu beschleunigen. Interessant bei der Studie war, dass genetisch veränderten Mäuse ohne Stresshormonantwort einen verbesserten Zuckerhaushalt hatten. Ob dies therapeutisch bei Diabetes ausgenützt werden kann muss sich zeigen.“

Service
Mueller KM, Hartmann K, Kaltenecker D, Vettorazzi S, Bauer M, Mauser L, Amann S, Jall S, Fischer K, Esterbauer H, Müller TD, Tschöp MH, Magnes C, Haybaeck J, Scherer T, Bordag N, Tuckermann JP, Moriggl R.

Adipocyte Glucocorticoid Receptor Deficiency Attenuates Aging- and Hfd-Induced Obesity, and Impairs the Feeding-Fasting Transition.

Diabetes. 2016 Sep 20. pii: db160381. DOI: 10.2337/db16-0381

http://diabetes.diabetesjournals.org/content/early/2016/09/19/db16-0381.long

Kontakt

Richard Moriggl

Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung

Währingerstraße 13a

1090 Wien

T: +43 664 6025 75622

E: evpuneq.zbevtty@yovpe.yot.np.ng

www.lbicr.lbg.ac.at

Ludwig Boltzmann Institut für Krebsforschung (LBI-CR)

Das LBI-CR konzentriert sich auf die Entwicklung neuer Mausmodelle für Krebserkrankungen und deren Analyse um neue Einsichten über die Grundlagen von Krebserkrankungen zu erreichen. Das Institut forscht auf internationalem Niveau an den Grundlagen der Krebsentstehung mit modernsten genetischen Methoden. Mit einem besonderen Fokus für die Signalkooperation in Tumorzellen verfolgen die Forscher das Ziel wissenschaftliche Errungenschaften in neue therapeutische Ansätze zu übersetzen. Das LBI-CR führt seine Forschung in enger Zusammenarbeit mit seinen Partnern Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie, Medizinische Universität Wien, Verterinärmedizinische Universität, St. Anna Kinderkrebsforschung und der Firma TissueGnostics durch.

www.lbicr.lbg.ac.at

Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG)

Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft schafft die Rahmenbedingungen, damit gezielt neue Forschungsthemen in Österreich angestoßen werden. Die LBG gibt Freiraum zum Querdenken und behandelt gesellschafts- und zukunftsrelevante Forschungsfragen. In 18 Instituten und Clustern befassen sich 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Themen aus den Health Sciences und den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften.

www.lbg.ac.at